Europa erwacht - Johann Baptist Schott
Die Zeit ab 1.200 n. Chr. war eine Aufbruchszeit. Das römische Christentum hatte sich durchgesetzt und keine Konkurrenz mehr zu befürchten. Antikes Wissen und Können wurden wieder entdeckt. Die Formel "antik = heidnisch = Teufelszeug" wurde langsam überwunden. Vernunftdenken hielt wieder Einzug. Die Wissenschaften begannen zu blühen. Es war eine wirtschaftlich reiche Zeit.
Baustil vorher war die Romanik. Die Kirchen waren enge, dunkle Gottesburgen. Sie boten den Christen Schutz vor einer unchristlichen, als böse empfundenen Umwelt. Der Optimismus der neuen Zeit fand in den großen, lichten Domen der Gotik seinen Ausdruck.
Johann Baptist Schott, Architekt des Späthistorismus, baute für den Pfarrer Johann Baptist Wolfgruber mit der neuromanischen Kirche in Ludwigsthal das romantisch-pessimistische Lebensgefühl eines hochgebildet-weltoffenen, tiefgläubigen und in einem festen Wertesystem verankerten katholischen Geistlichen in der Zeit des Kulturkampfes nach.
Das optimistische, wirtschaftsliberale Lebensgefühl der damals aufstrebenden und reichen Zwiesler Bürgerschaft der Gründerzeit setzte er mit Hilfe eines gotischen Domes um.
Ein Besuch zuerst der Kirche Ludwigsthal, dann der Kirche Zwiesel läßt uns die Zeitenwende ab 1.200 n. Chr. nacherleben, aber auch die beiden verschiedenen Lebenswirklichkeiten am Ende des 19. Jhdts. nachempfinden.
Johann Baptist Schott hat hier zusammen mit den übrigen Künstlern zwei Meisterwerke geschaffen. Erstaunlich gut hat er die Zeiten der Romanik wie der Gotik auch aus heutiger Sicht gekannt und in zwei historistischen Gotteshäusern ins Denken und Fühlen des 19. Jhdts. übertragen.
Ratsam ist zwischen den beiden Teilführungen ein Kaffee oder Mittagessen.