Gründerzeit und Wirtschaftsliberalismus in Zwiesel
Mitte des 19. Jhdts. war Zwiesel ein heruntergekommenes Provinznest. Man jammerte der 1808 abhanden gekommenen „Ewigen Steuerfreiheit“ und den sonstigen "Privilegien" nach und hatte tausend andere Argumente, um die Situation zu begründen. Eine kleine führende Schicht profitierte davon und hatte kein großes Interesse an einer Änderung.
Eine handvoll tatkräftiger, weltoffener und hochgebildeter Bürger, aus denen besonders der Pfarrer Johann Georg Fürst und der Bürgermeister Josef Andreas (I.A.) Röck herausragten, haben schließlich kongenial Zwiesel übernommen und den Ort innerhalb weniger Jahrzehnte zum wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum des Bayerischen Waldes gemacht, wovon wir bis in die jüngste Zeit zehrten.
Es wurde eine komplette städtische Infrastruktur geschaffen oder auf den neuesten Stand gebracht: Eisenbahn, Schulen, Schlachthof, Krankenhaus, Lehrlingsheim, Kinderbewahr- und Suppenanstalt, Schwimmbad, Landschaftspark, Sportplatz, Turnhallen, Veranstaltungssäle, Leichenhaus, Sanitätskolonne, Feuerwehr, Wasserleitung, Kanalisation, Telefon, Zeitung, E-Werke, Filmtheater, Vermessungsamt, Kirchen…
Als wichtiges Element zur Entwicklung des Ortes wurde damals das Gesellschaftsleben betrachtet. Kultur, Geschichte, Sport u.v.m. blühten auf. Ob bei Faschingsfeiern, Volksfesten oder Pferderennen - Zwiesel wurde weitum bekannt.
Eine Kleinindustrie rund um Holz, Glas und Metall entstand. Die Glasfachschule war Kristallisationspunkt und Antreiber für den Weg des Glases (und Holzes) vom Historismus in die Moderne. Zwiesel hatte vor München Kanalisation und elektrische Straßenbeleuchtung! Die heutigen Feuerwehrschlauchkupplungen und Wäscheklammern mit Drahtfedern hat damals ein Zwiesler entwickelt. … Es herrschte eine kreative, aktive Szene.
Krönung war schließlich die Erhebung zur Stadt 1904.
Es entstanden neue Stadtteile. Wir machen einen Spaziergang vom Ziegelwiesenparkplatz zur kath. Stadtpfarrkirche und besichtigen die damaligen Änderungen der Stadtstruktur. Wir sehen Originalwerkzeuge, Originalmaschinenteile, Originalpläne der Radfelgenfabrik, der Holztrift u.v.m. Zum Abschluss schauen wir uns das vom Kirchturm an.
Treffpunkt Ziegelwiesenparkplatz
Kirchturmbesteigung 2,-- €, ansonsten bitte spenden.